permalink

0

Newsletter 13. November 2013

Kultur Trend

Interaktive Geschichte

Geschichte ist das, was lange her ist. Verstaubt oder verwesen, meist blutig und gleichwohl trocken. Solche Annahmen entlarven derzeit ambitionierte Social Media Projekte als Vorurteile. Am vergangenen Wochenende jährte sich die Reichspogromnacht. 75 Jahre ist es her, dass die Nationalsozialisten in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 Synagogen in Brand steckten, Wohnungen zerstörten und Friedhöfe, jüdische Mitbürger, Nachbarn, Menschen inhaftierten und deportierten. 75 Jahre. Auf dem Twitteraccount @9Nov38 berichteten fünf HistorikerInnen von den Ereignissen rund um die Reichspogromnacht. In Echtzeit – jedoch mit 75 Jahren Verzögerung. Die beteiligte Historikerin Charlotte Jahnz beschreibt die Motivation im Interview mit Blogger John F. Nebel: Jeder Tweet wecke Neugier und gehe auf eine belegbare Quelle zurück. Eine historische Kontextualisierung könne über Twitter zwar nicht erfolgen, wohl aber werde das Geschichtsbewusstsein geschärft, urteilt Historiker Georgios Chatzoudis. Um das Ereignis historisch einzuordnen, publizieren die Projektinitiatoren von 9Nov38 neben Tweets auch Quellen und Blogbeiträge auf ihrer Webseite.
Die Idee, historische Ereignisse zu twittern kennt Vorläufer: Den MDR etwa, der vergangenes Jahr die Ereignisse des Mauerfalls twitterte oder die britische Verlagsgesellschaft „The History Press“, die „live“ den Untergang der Titanic verfolgte. Projekte, die freilich keinen streng wissenschaftlichen Anspruch hegen. Die aber dazu beitragen, dass sich eine breite Masse engagiert, Erinnerungen wachzuhalten.
Darum geht es auch den SWR2 Stolpersteinen. Sie erzählen die Geschichten, die sich hinter den Lebensdaten auf den Steinen von Gunter Demnig verbergen und fordern explizit zum Mitmachen auf: Im Radio und im Internet. Selbst aktiv geworden im Kampf gegen das Vergessen ist darüber hinaus die Berliner Initiative „Unsere Vielfalt“. Jugendliche erinnern in über 3.000 Handyclips und Kurzfilmen an die Reichspogromnacht. Eine Auswahl findet sich bei zeit.de. Sie macht deutlich: Geschichte vergegenwärtigen braucht keine schwülstigen Reenactmentszenen mit gescheiterten Schauspielsternchen, sondern engagierte Menschen.

Kultur Digital

Sensationeller Kunstfund gelangt ins Internet

Die Bundesregierung reagierte auf die Forderung des scheidenden Kulturstaatsminister Bernd Neumann und veröffentliche die ersten 25 Bilder des Schwabinger Kunstschatzes auf www.lostart.de. Die Datenbank dient der Erfassung von Kunstschätzen, die infolge der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft verlorengingen oder geraubt wurden.
sueddeutsche.de, lostart.de

Strg C

Kopien kosten Künstlern Kopf und Kragen. Wirklich? Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein existierte kein Urheberrecht. Publiziert wurde dennoch. Erfolgreich und vielfach. DRadio Wissen zeichnet eine kleine Kulturgeschichte der Kopie…
dradiowissen.de

Burgenbau 2.0

Der Kölner Grafiker Ralf Meier visualisiert mittelalterliche Burgen in virtuellen 3D-Modellen.
burgerbe.de

Kampf der Kulturen

Kathrin Passig begreift Bibliotheken als Papiermuseen, die nichts leisten, was das Internet nicht besser kann. Damit stellt sie deren Daseinsberechtigung in Frage und löst eine heftige Debatte aus.
zeit.de

Social Media und Kultureinrichtungen

Handy-Pflicht im Tanztheater

In der aktuellen Produktion des Tanztheater Wuppertals fusioniert zeitgenössischer Tanz mit neuester Medientechnologie. Am 13. November findet die Uraufführung des “Smartphone Projects“ statt, bei dem Zuschauer zu Dirigenten werden. Ihr Taktstock: das Handy.
njuuz.de

Selbstversuch im Kino

Ihrem Handy ist das peinlich. Von wegen! Der Kinofilm „App“ verbindet Leinwand- und Touchscreen-Erlebnis. Technische Spielerei oder die Zukunft des Kinos? Nadja Röll unternahm einen Selbstversuch auf dem Genfer Festival Tous Ecrans.
srf.ch

Mobile Anwendungen im Kulturbereich

Your Personal Guide

Die Smartphone-App „Yopegu“ macht ihre Nutzer auf verfügbare Audioguides zu Sehenswürdigkeiten in der Umgebung aufmerksam. Dass die App auch Videos in Gebärdensprache beinhaltet, macht sie zu einem echten Novum.
deutsche-startups.de

Kulturpfad Wiesbaden

Mittels QR-Codes und Augmented Reality macht der „Kulturpfad Wiesbaden“ auf 31 Stationen in der hessischen Landeshauptstadt aufmerksam, wo sich Kunst und Theater, Kabarett und Musik genießen lässt.
wiesbadener-tagblatt.de

Burg Katzenstein

Besucher können Burg Katzenstein neuerdings virtuell erkunden. Die interaktive Smartphone-App lädt zu einer Schatzsuche ein und Experteninterviews vermitteln die Historie des Ortes.
gfm-nachrichten.de

O sole mio!

Die App der Bayerischen Staatoper durchleuchtet nicht nur das Veranstaltungsprogramm des Hauses, sondern führt in einem virtuelle Rundgang durch die Räumlichkeiten des Nationaltheaters. In jedem Saal verstecken sich Videos, Audio-Features, Fotogalerien oder Interviews mit Sängern. Che bello!
bayerische.staatsoper.de

Kultur und Technologie

Total dicht!

Das Netz ist zu groß. Alles verliert sich. Orientierungshilfe könnte das semantische Internet bieten. Das viel beschworene Web 3.0 setzt auf eine dichtere Vernetzung durch sinnvolle Metadaten und strenge Hierarchien. Ende September tauschten sich hierzu Experten aus der Kultur- und Medienbranche auf der Fachtagung “Semantische Technologien“ in Berlin aus. Ein Rückblick.
kristinoswald.hypotheses.org

Auf der Metaebene

Kürzlich veröffentlichte die Tate Gallery ihre Metadaten unter der Creative Commons Lizenz CC0 1.0. Welche Informationen sich aus den Daten gewinnen lassen, veranschaulichen Infografiken auf dem Blog shardcore.
shardcore.org

Cultural Entrepreneurship

Was geht?

Kürzlich kündigte die Londoner Royal Opera an, sie werde Konzerte und Veranstaltungen künftig live und digital übertragen. Vor diesem Hintergrund stellt der Direktor des Kennedy Centers, Michael Kaiser, kritische Fragen, die Zukunft der Inszenierungskünste betreffend.
huffingtonpost.com

Es läuft: Detroits Museen im Digitalen

Eine Tagung im September nahm die digitalen Strategien von vier Museen aus Detroit in den Blick. Das Fazit war rundum positiv: Digitale Veröffentlichungen locken Besucher ins Museum, der Zugriff auf die Objekte steigt, Einnahmen steigen und selbst die wissenschaftliche Arbeit wird beflügelt.
mlive.com

Magisches Storytelling

Sree Sreenivasan ist neuerdings „Chief Digital Officer“ am Metropolitan Museum of Art. Ein neuer Job für den ehemaligen Journalisten, ein neues Berufsbild für die Menschheit. Sreenivasan versteht es als seine Hauptaufgabe, Geschichten im Digitalen zu erzählen, ohne dabei in Konkurrenz zur Magie der analogen Kunstwerke zu treten.
nytimes.com

Studien rund um Kultur

Kulturlos?

Das Interesse der Europäer an ihrem kulturellen Erbe schwindet. Das ergab eine von der Europäischen Kommission in Auftrag gegebene Meinungsumfrage. Das Ergebnis des „Eurobarometers“ ist ambivalent: So nimmt das Interesse an allen herkömmlichen Kulturgütern wie Büchern und Theatervorstellungen ab. Gleichzeitig aber blühen Hochkultur und hochwertige Unterhaltung im Internet auf.
deutsche-wirtschafts-nachrichten.de

Kultur-Zahlen

2,5 Quintillionen

Täglich werden ca. 2,5 Quintillionen Bytes an Daten erzeugt! Das Kunstprojekt „Big Data Art“ will die unvorstellbare Zahl visualisieren. Morgen, am 14. November, startet das Projekt.
bigdataart.de

Spaßkultur

à la Monty Python

Der Animationskünstler Doug Bayne hat Werke der Kunstgeschichte im Stil von Terry Gilliams berühmten Monty Python Cut-Out-Sequenzen in Szene gesetzt. In diesem Sinne: Setz dich. Nimm dir ’n Keks, machs dir schön bequem. Du Arsch!“
YouTube

Kultur-Zitat

“It is thrilling to think that we have created the first document which will likely survive the human race. This technology can secure the last evidence of civilisation. All we’ve learnt will not be forgotten.” Peter Kazansky, Professor an der britischen Southampton University, über die neue Speichertechnologie “Memory Crystal“.
www.independent.co.uk

Termine

15.11.2013 Tweetup im Musée de la Ville, Luxemburg
15.-16.11.2013 4. Viadrina Kulturmanagement Symposium: Kunstvermittlung 2.0, Frankfurt (Oder)
16.11.2013 Dürer-Tweetup im Städel, Frankfurt a.M.
18.11.2013 Kultur in Raum und Zeit, Berlin
18.-20.11.2013 Scientific Computing and Cultural Heritage 2013, Heidelberg
19.-20.11.2013 Open Access Conference, Berlin
20.-22.11.2013 Exponatec Cologne: Fachmesse für Museen, Konservierung und Kulturerbe, Köln
21.-22.11.2013 Kulturelles Erbe in der Cloud, Graz
23.11.2013 Journalistentag DJV – NRW, Dortmund
25.-27.11.2013 SWIB 13 – Semantic Web in Libraries, Hamburg
26.-27.11.2013 Archivschule „Digitalisierung im Archiv“, Marburg
27.11.2013 Expertentagung Medienrecht, München
28.11.2013 Authentisch im Netz?, Wien
28.11.2013 42 – Der Zündfunk Netzkongress, München
28.-29.11.2013 „Zugang gestalten! Mehr Verantwortung für das kulturelle Erbe“, Berlin

05.-06.12.2013 Reading Historical Source in the Digital Age, Luxemburg
05.-07.12.2013 (Digital) Humanities Revisited – Challenges and Opportunities…, Hannover
06.-07.12.2013 next level 2013, Dortmund
09.12.2013 Interactive Media Summit, Düsseldorf
09.-12.12.2013 Museums and the Web 2013, Hongkong
12.12.2013 “Erfahrungsräume erweitern!” – Digitale Strategien für Kultureinrichtungen, Köln
12.-13.12.2013 Open Access – Konsequenzen und Chancen für Museen und Sammlungen, Dessau

Bildserie der Woche

Philip Guston

46_2013
prometheus-bildarchiv.de

Kommentare sind geschlossen.